Werbung für «seine Musik»
Herzogenberg-Tage 2005 in Heiden zu
Ehren des spätromantischen Komponisten
HEIDEN. Die Herzogenberg-Tage in Heiden gehören
inzwischen zum festen Bestandteil des Kulturlebens im Appenzeller
Vorderland. Eingebettet ins Bodenseefestival wurden sie über das
Auffahrtswochenende mit internationalen Gästen erfolgreich durchgeführt.
Siegrun Schmidt
Zur Erinnerung: Der spätromantische Komponist
Heinrich von Herzogenberg (1843-1900) hatte sich in den Neunzigerjahren des
19. Jahrhunderts in Heiden ein Ferienhaus mit Blick über den Bodensee
gebaut, wo er einige seiner wichtigsten Werke komponierte. Auf Initiative
von Andres Stehli wurden vor fünf Jahren Konzerte zu Ehren des Komponisten
ins Leben gerufen, vor einem Jahr wurde die Internationale Herzogenberg
Gesellschaft gegründet. Namhafte Musikwissenschaftler forschen über seine
Werke und fördern damit Kostbarkeiten der musikalischen Spätromantik zu
Tage, die in Heiden zur Aufführung gelangen.
Beethoven - einmal anders
Doch nicht mit Herzogenberg, sondern mit Beethoven
wurde in diesem Jahr die Veranstaltungsreihe eröffnet. «Beethoven - einmal
anders» war das Konzert vom Freitagabend betitelt. Neben dem
«Gassenhauer-Trio» und einer Bearbeitung des Tripelkonzertes für Klaviertrio
von Carl Reinecke standen die schottischen und irischen
Volksliederbearbeitungen für Singstimmen und Klaviertrio im Mittelpunkt.
Begleitet vom Arensky-Trio aus Saarbrücken begeisterten die Appenzeller
Sopranistin Barbara Camenzind, der Tenor Christoph Rösel und der Bass Markus
Kluibenschädl mit wunderschönen Stimmen, lebendiger Gestaltung und
einnehmender Bühnenpräsenz.
Fester Platz im Repertoire
Das Arensky-Trio mit Michiko Ikeda, Klavier, Helmut
Haag, Violine, und Gabor Szarvas, Violoncello, gestaltete den Samstagabend
mit Musik von Bedrich Smetana und Heinrich von Herzogenberg. Eindrücklich
gelang das Trio in g-Moll op. 15 von Bedrich Smetana, das der Komponist in
einer persönlichen Lebenskrise geschrieben hatte, ein leidenschaftlich
bewegtes und kantiges Werk, abseits dem Stil geschliffener Kammermusik, doch
gespickt mit virtuosen Passagen. Virtuosität zeigten Helmut Haag und Michiko
Ikeda in der Sonate A-Dur von Heinrich von Herzogenberg, deren markantes
Anfangsthema zum Motto der Konzerte werden sollte. Leidenschaft und höchste
musikalische Könnerschaft manifestierte sich in Herzogenbergs Klaviertrio
op. 26, dem nach dieser grandiosen Darbietung ein fester Platz im
Trio-Repertoire zu wünschen wäre.
Faszinierende Improvisation
Das Thema der Herzogenberg-Sonate nahmen am Sonntagmorgen Paul Giger,
Marie-Louise Dähler und Pudi Lehmann in einer faszinierenden Improvisation
auf. Exotische Schlaginstrumente wie Gong, Buk, Klangschalen und Trommeln
vermischten sich mit Violine, Viola d'amore und Cembalo, führten von der
Musik Johann Sebastian Bachs über eigene Akzente zu aussergewöhnlichen
Experimenten und Klangfarben, mal meditativ, mal rhythmisch aufwühlend und
absolut spannend.
Erschütterndes Werk
Mit einem Chorkonzert mit dem Mährischen Kammerchor
Ostrava und der Slovak Sinfonietta unter Leitung von Urs Schneider wurden
die in jeder Hinsicht erfolgreichen Herzogenberg-Tage am Sonntagnachmittag
abgeschlossen. Höhepunkt war Herzogenbergs gross angelegte Kantate
«Totenfeier», in dem der Komponist Trauer und Schmerz über den frühen Tod
seiner geliebten Frau Elisabeth verarbeitete. Ein erschütterndes Werk,
eindringlich in der musikalischen Ausdrucksform und Durchführung, dem der
von Lubomir Matl sorgfältig vorbereitete Mährische Kammerchor zusammen mit
der Sopranistin Leonore Laabs und dem Bassbariton Tomasz Kaluzny eine
denkwürdige Form gab und wieder einen bisher unbekannten Schatz aus dem
Schaffen Herzogenbergs zum Leben erweckte. Dramatische und lyrische
Soloszenen - ein Glanzpunkt war die kammermusikalisch begleitete Sopranarie
«Wie lieblich sind deine Wohnungen» - wechselten mit komplexen Chorfugen und
betrachtenden Chorälen. Das Programm wurde mit der temperamentvoll
gespielten «Tschechischen Suite» von Antonin Dvorák und der innigen
Psalmvertonung «Hör mein Bitten» von Felix Mendelssohn Bartholdy mit Leonore
Laabs als Solistin ergänzt.
Neue Sympathien gebracht
Informative und fundierte musikwissenschaftliche
Einführungsvorträge trugen zum Verständnis der aufgeführten Werke bei und
liessen beim zahlreich erschienenen Publikum Leben und Schaffen des
Komponisten Heinrich von Herzogenberg und seiner hochbegabten Ehefrau
Elisabeth entstehen im Zusammenhang mit Liebe, Musik, kultivierter
Lebensart, aber auch ihre Krisen und Ängste. Die perfekt organisierte
Veranstaltung, die auch die Mitgliederversammlung der «Internationalen
Herzogenberg Gesellschaft» einbezog, hat den Initiatoren und dem Komponisten
neue Sympathien eingebracht.
|