Herzogenberg und Heiden
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www.klassik-heute.deDas Cover zur cpo-CD mit den beiden Klaviertrios von Herzogenberg

 

Heinrich von Herzogenberg (1843-1900), Brahms-Zeitgenosse und -Bewunderer, ist noch eher ein „blinder Fleck“ im Musikleben. Der gebürtige Wiener studierte Jura und Musik in seiner Vaterstadt. Hier kam er auch über seinen Kompositionslehrer Otto Desoff in Kontakt mit Johannes Brahms. Nachdem er eine Weile in Graz freischaffend tätig gewesen war, ging er 1872 nach Leipzig, wo er sich unter anderem mit dem Bach-Forscher Philipp Spitta befreundete und Mitgründer des Bach-Vereins wurde. Auf Betreiben von Joseph Joachim und Philipp Spitta kam Herzogenberg 1885 nach Berlin und wurde Leiter der Kompositionsabteilung der Berliner Musikhochschule. In den späten 1880er Jahren verschlechterte sich sein Gesundheitszustand, eine Gichterkrankung machte ihm zu schaffen. 1900 starb er in Wiesbaden.

Von Herzogenbergs Kompositionen – darunter zwei Sinfonien, die sinfonische Dichtung Odysseus, chorsinfonische Werke, Messen und Passionen – haben allenfalls die kammermusikalischen die Zeit überdauert. Im wesentlichen ist Herzogenbergs Œuvre aber unbekannt. Das ändert sich allmählich, seit einigen Jahren werden seine (vor allem kammermusikalischen) Kompositionen wieder entdeckt. Die rührige Herzogenberg-Gesellschaft kümmert sich um Erschließung und Aufführung der Werke. Schon 1997 veröffentlichte der Musikwissenschaftler Bernd Wiechert Studien zu Leben und Werk des Komponisten.

Die Neueinspielung der beiden Klaviertrios mit dem Atos-Trio ist eine gute Gelegenheit, sich mit der Musik Herzogenbergs vertraut zu machen. Dabei entdeckt man neben allerlei Verwandtschaft zu oder Ähnlichkeiten mit Johannes Brahms doch eine eigenständige, profilierte Musikerpersönlichkeit – und zwei Klaviertrios, die neben den Konkurrenten ihrer Zeit und überhaupt Bestand haben.

Der Rezensent der Allgemeinen Musikalischen Zeitung lobte 1878, die Sprache des Komponisten im Trio c-Moll sei „fein, gewandt, nichts weniger als hergebracht oder gewöhnlich“, und es berühre „angenehm, dass Kraft und Phantasie des Komponisten bis zum letzten Takt seines Werkes vorhalten“.

Das Atos-Trio – Annette von Hehn (Violine), Stefan Heinemeyer (Violoncello) und Thomas Hoppe (Klavier) – musiziert mit außerordentlicher Präsenz und Klarheit, mit Nachdruck und Intensität, immer kraftvoll und akzentuiert, mit Schwung und Elan, aber auch sehr innig und meditativ (langsame Sätze). Es hat den Atem für die groß dimensionierten Ecksätze des ersten Trios und die Leidenschaft, die die Ecksätze des zweiten Trios verlangen. Fast beiläufig erfährt der Hörer zum Beispiel, wie kunstvoll gesetzt und kompositorisch raffiniert zum Beispiel das Finale des c-Moll-Trios ist oder wie kreativ Herzogenberg im Andante des gleichen Trios mit dem Variationsprinzip verfährt.

Trotz der deutlich spürbaren stärkeren Konzentration und Straffung im späteren d-Moll-Trio erscheint das frühere Werk – zumal in dieser Interpretation des fabelhaften Atos-Trios – keinesfalls unfertiger oder gar weniger hörenswert. Die Aufnahmen sind ein origineller und großer Wurf für den doch wenig originellen Tonträgermarkt. Sie sind auch ein leidenschaftliches Plädoyer für Aufführungen dieser Trios im Konzertsaal.

Peter Heissler (26.02.2008)

 

Künstlerische Qualität:

9
Bewertungsskala: 1-10
Klangqualität:

9
Gesamteindruck:

9

 

 

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